Gothic Typen

Der Mensch braucht Schubladen, um die Welt zu ordnen, und selbst in einer Subkultur wie der Gothic Szene versucht man, sich selbst und andere zu definieren. Das Ergebnis sind zahlreiche lustige oder auch ernstgemeinte Illustrationen, die im Internet herumschwirren und Gothic-Typen erklären sollen. Wer sich aber in der Szene bewegt, wird schnell feststellen, dass sich alle Stile im Laufe der Jahrzehnte mehr oder weniger vermischt haben. Dennoch orientieren sich Gothics mit ihrem Outfit an bestimmten Ur-Typen und an neuen Einflüssen. Dies sind einige davon:


Der Mensch braucht Schubladen, um die Welt zu ordnen, und selbst in einer Subkultur wie der Gothic Szene versucht man, sich selbst und andere zu definieren. Das Ergebnis sind zahlreiche lustige oder auch ernstgemeinte Illustrationen, die im Internet herumschwirren und Gothic-Typen erklären sollen. Wer sich aber in der Szene bewegt, wird schnell feststellen, dass sich alle Stile im Laufe der Jahrzehnte mehr oder weniger vermischt haben. Dennoch orientieren sich Gothics mit ihrem Outfit an bestimmten Ur-Typen und an neuen Einflüssen. Dies sind einige davon:


New Romantic


Steve Strange, Kunststudent und später der Sänger der Band Visage, ist für den Stil der New Romantics verantwortlich. Er war Ende der 70er Jahre eine Größe in der Londoner Clubszene und veranstaltete Bowie- und Roxy-Music-Nächte. An der Tür seines Blitz Clubs ließ er nur Gäste durch, die ein möglichst ausgefallenes Outfit trugen. David Bowie war mit seiner Bühnenfigur Ziggy Stardust das frühe Vorbild für diese Idee. Wer sich das offizielle Video „Ashes to Ahes“ von David Bowie anschaut, entdeckt auch Steve Strange und einige andere Besucher des Clubs in typischen New-Romantic-Outfits. Auch in den Videos der Band Visage (Visage, Fade to Grey) spielen Make-up und Outfit eine große Rolle.


Die New Romantics fanden sich wegen der Mode zusammen, auch wenn sie einen ähnlichen Musikgeschmack aus New Wave, Synth-Pop und Diskobeats teilten. Zu den berühmten Vertretern dieses Genres gehörten auch Adam Ant oder Boy George. Charakteristisch war unter anderem das optische Verwischen der Geschlechter. Der romantische Piratenlook von Adam Ant wurde übrigens damals von Modedesignerin Vivienne Westwood kreiert.


Extravagant, dekadent und narzisstisch - mit diesen Eigenschaften wurden die New Romantics in der Öffentlichkeit beschrieben und sie waren nicht besonders beliebt - weder in der Presse noch in der Gesellschaft. Nicht einmal in der New-Wave-Szene stießen sie auf große Liebe, denn sie stellten nicht die Musik in den Vordergrund, sondern Outfits und Frisuren.


Mode war der New-Wave-Szene aber viel zu oberflächlich. Man sprach vom Ausverkauf des New Wave und zum ersten Mal sollte die Kritik an der Kommerzialisierung der Subkultur laut werden. Nicht zum letzten Mal, denn diese Kritik zieht sich bis heute durch. Die heutigen optischen Ausläufer der New Romantics findet man am ehesten in den japanischen Subkulturen wie Visual Kei wieder. Mode und Makeup von damals haben aber auch heute noch Einfluss auf die Schwarze Szene, die in dem Fall starke Farben und romantischen Prunk zulässt.


Waver


Die Waver waren die dunkle Fraktion der musikalischen Subkultur Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre. Bei ihnen war es - im Gegensatz zu den New Romantics - die Musik, die im Vordergrund stand, wenn auch das Outfit eine wichtige Rolle spielte. Die Waver überspitzten „Spießeroutfits“ und drückten ihnen so einen ironischen Stempel auf. Die toupierten Frisuren der 60er und 70er Jahre wurden im New Wave bis ins Absurde weitertoupiert und die Seiten einfach komplett ausrasiert. Die Anzugjacken wurden viel zu groß gekauft und schlabberten mit den Hemden und weiten Pumphosen um die Wette. Die Schuhe waren mit den Pikes nicht nur spitz, sondern wahnsinnig spitz und schon waren die gesellschaftlichen Kleidernormen ausgehebelt. Eine klare Abgrenzung. Ebenso fiel das Make-up auf. Nicht nur ein sanfter Lidstrich, sondern dicker schwarzer Kajalstrich, weit übers Auge hinaus. Keine hübsch geschminkten Lippen, sondern knallroter verwischter Lippenstift. Die vorherrschende Farbe war Schwarz, es gab aber auch viele bunte Klamotten. Dazu trug man überdimensionale Kreuze, Rosenkränze und esoterische Symbole, um die Religionshörigkeit der Gesellschaft zu überspitzen und um zu provozieren.


In den 80er Jahren waren es Musiker wie The Cure, Siouxsie and The Banshees, Anne Clark und Gary Newman, die neue optische und musikalische Richtungen aufzeigten. Robert Smith von The Cure, der Inbegriff des Wavers, hat übrigens zu Anfangszeiten auch noch weiße Turnschuhe und bunte Hemden mit viel zu großen Anzugjacken getragen.


Erst später, als die Szene nach und nach düsterer wurde, sattelte Robert Smith komplett auf Schwarz um. Die Waver werden zusammen mit den Gruftis der 80er Jahre noch heute als Oldschool Gothics bezeichnet. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie tatsächlich in den 80ern schon dabei waren. Gemeint ist das Styling.


Gruftis


Die Gruftis sind das, was man größtenteils mit dem Begriff Gothic verbindet. Gruftis sahen aus, als seien sie frisch dem Horrorfilm entsprungen. Allerdings sind die Übergänge zwischen den Typen der Szene fließend und die Bezeichnungen erst nachträgliche Hilfsmittel, um zu gruppieren. Damals gab es keine Klassifizierungen. Es handelte sich tatsächlich um eine einzige Szene und den meisten Mitgliedern war es nicht einmal klar, dass sie eine neue Subkultur bildeten.


Die Waver wirkten für damalige Verhältnisse schon gewöhnungsbedürftig. Man begegnete ihnen mit Verachtung, Skepsis, Unverständnis und Vorsicht. Die Gruftis machten der Gesellschaft jedoch richtig Angst. Sie wollten nicht provozieren, sondern sich vollkommen abgrenzen und in Ruhe gelassen werden. Die Gruftis bezogen sich mit ihrem Outfit und ihrer Schminke auf die Darstellung von Vampiren in den späten 70er Jahren. „Tot schminken“ nannten sie es, wenn sie sich die Gesichter mit weißer Schminke verdeckten und die Augen mit schwarzem Lidschatten zu dunklen Höhlen malten. Okkult musst es sein, möglichst gruselig und symbolträchtig. Ihre Kleidung erinnerte an Talare und Nonnen-Gewänder. Sie trugen Schleier und schwarze Handschuhe wie Figuren aus Schauerromanen. Als Prototyp für den Grufti gilt zum Beispiel „Ratte“, die Anfang der 80er Jahre in einer Fotostory der Jugendzeitschrift Bravo zu sehen war.


Waver waren mit ihrem Erscheinungsbild einigermaßen gesellschaftsfähig, Gruftis nicht. So könnte man behelfsmäßig einen Unterschied formulieren. Der musikalische Gegensatz ist ebenfalls nur vage zu beschreiben. Man könnte vielleicht sagen, dass sich die Waver eher mit Synthesizern und auch mit helleren Klängen anfreunden konnten, während die Gruftis sich in düstere Klänge und tiefe Stimmen hüllten. Aber auch das ist nur ein Versuch der Unterscheidung.


EBMler


Auch die EBMler gehörten schon in den 80er Jahren zur Szene, wenn sie auch optisch und musikalisch von Gruftis und Wavern zu unterscheiden waren. Ihr Fokus lag auf der Electronic Body Music (EBM), die aggressiv und elektronisch an Marschmusik mit Parolen erinnerte. Die Wurzeln der Musik lagen im britischen Industrial gemischt mit Minimal-Electro. Der Gesang war eigentlich eher ein Grölen und erinnerte an militärischen Drill.


In Zeiten des kalten Kriegs thematisierte man in der elektronischen Musik Kampf und Militär und Krieg und Schrecken. Demensprechend kleidete man sich auch gerne in Tarnfarben mit Boots und Uniform. Auch die kühle und bedrohliche Industrialisierung war ein großes Thema. Der technische Fortschritt machte Angst, denn er wirkte seelenlos. Die EBM-Musik spielte damit - und ihre Anhänger ebenfalls. Selbst ihre Haare waren - zu Flattop-Frisuren gestylt - sehr eckig und kantig. Als Symbole dienten Maschinenteile. Das Motto hieß: „Arbeit, Schweiß und Muskelkraft“.


Während in den Anfängen DAF und Die Krupps bei uns ihr Unwesen trieben, waren es Bands wie Front 242, The Klinik oder Nitzer Ebb, die das EBM-Genre ausbauten. Bands wie Skinny Puppy und Ministry waren in Amerika Vorreiter.


Dass die Strömungen der Szene sich auch gegenseitig inspirierten, sieht man zum Beispiel an Depeche Mode, die extravagante Pop-Musik und Industrial-Sound miteinander kombinierten, das mit düsterem Styling verbanden und auch schon mal mit Vorschlaghammer auf der Bühne standen. Ein eindrucksvolles Beispiel für den Mix ist das offizielle Video zu „People are People“.